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An unseren Vernissagen stellst du deine neuen Werke aus. Auf was dürfen wir uns freuen?

Für mein Projekt «Durchblicken» habe ich mich von Desktops und Bildschirmen inspirieren lassen, meine bemalten Leinwände lassen sich wie die Fenster eines Bildschirms stapeln und übereinanderlegen. Als Inspirationsquelle dienten mir Screenshots von ti&m-Mitarbeitenden. Die Szenen, die ich darstelle, stammen aus Homeoffice-Momenten. Dabei habe ich mich gefragt: Wer schaut hier eigentlich wen an?

In deinem Projekt warst du auf die Mitwirkung der ti&m-Mitarbeitenden angewiesen. Wie hast du die Zusammenarbeit erlebt?

Mein Konzept ist einfach: Ich habe die Mitarbeitenden gebeten, mir Screenshots ihrer Bildschirme zu schicken. Mehrere Mitarbeitende kamen dieser Bitte nach, aber die grösste Inspiration war ein Besuch im Büro Basel: Die Skizzen, die ich dort anfertigte, dienten mir als Vorlage für die verschiedenen Formate, die ich verwende, und für die Überlagerungen der Werke.

«Es machte mir Spass, die Perspektive einer Webcam einzunehmen und eine Szene genau dann zu betrachten, wenn die Menschen nicht arbeiten oder sich nicht im besten Licht präsentieren.»

– Tabea Martin

Hattest du bei Projektbeginn schon eine Vorstellung, wie die Werke am Ende aussehen werden? Oder hat dich das Resultat selbst überrascht?

Da ich in meiner Malerei generell aus dem Bauch heraus arbeite, habe ich mir schon gedacht, dass das Ergebnis ganz anders aussehen könnte, als ich es mir zu Beginn vorgestellt hatte. Und so kam es auch. Ursprünglich dachte ich, dass die Screenshots der Mitarbeitenden mich zu den Szenen inspirieren würden, die ich malen würde. Aber für mich ist es wichtig, von meinen Erinnerungen und Erfahrungen auszugehen. So begann ich, diese Screenshots mit meinen eigenen Erlebnissen im Homeoffice zu verbinden. Ich stellte mir eine neue Frage: Wer schaut hier wen an? Es machte mir Spass, die Perspektive einer Webcam einzunehmen und eine Szene genau dann zu betrachten, wenn die Menschen nicht arbeiten oder sich nicht im besten Licht präsentieren. Ich habe mit den Szenen gespielt, bin auf neue Fragen gestossen und war am Ende wirklich überrascht, wohin mich das alles geführt hat.

Wie bist du eigentlich auf das Konzept gekommen? Gab es Ereignisse, Menschen oder Orte, die deine Idee beeinflusst haben?

Ich lasse mich ständig von den Menschen um mich herum beeinflussen, meine Bilder sind voller Erinnerungen an Orte und Räume, die ich besucht habe. Ausschlaggebend für dieses Konzept war mein Ateliernachbar, der seine Leinwände etwas seltsam gestapelt an die Wand stellte. Nachdem ich das ein paar Tage lang beiläufig beobachtet hatte, kam ich auf die Idee, Leinwände und Desktopfenster miteinander zu verbinden.

«Ausschlaggebend für mein art@work-Konzept war mein Ateliernachbar, der seine Leinwände etwas seltsam gestapelt an die Wand stellte. Nachdem ich das ein paar Tage lang beiläufig beobachtet hatte, kam ich auf die Idee, Leinwände und Desktopfenster miteinander zu verbinden.»

– Tabea Martin

Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus, wenn du an einem Projekt arbeitest?

Meistens sitze ich morgens in meinem Atelier und überlege, was ich an diesem Tag machen möchte. Manchmal klappt das wunderbar, dann kann ich skizzieren, mir Kompositionen ausdenken und drauflos malen. An anderen Tagen erscheint mir das Malen sehr mühsam und uninspiriert, dann konzentriere ich mich auf Arbeiten, die keine Kreativität erfordern. Da ich meine Farben selbst herstelle und die Keilrahmen selbst bespanne, ist immer etwas Fleissarbeit dabei. Ausserdem besteht ein Teil der Woche aus E-Mails beantworten, Ausstellungen organisieren und Projektförderungen beantragen. Feste Arbeitszeiten habe ich nicht, aber ich versuche, jeden Tag meine Stunden zu schaffen, auch am Wochenende oder bis nach Mitternacht.

Durch ihre Werke wollen Künstler dem Betrachter neue Perspektiven auf die Welt aufzeigen. Hast du durch art@work eine neue Perspektive auf die IT gewonnen?

Auf jeden Fall habe ich das Vorurteil abgebaut, dass die Verbindung von Kunst und IT immer zu VR-Installationen und KI-generierten Bildern führt. Anfangs war ich skeptisch, ob ich einen persönlichen Zugang zur IT-Arbeit finden würde, die für meine Malerei sehr wichtig ist. Aber durch mein Projekt wurde mir klar, dass die Interaktion zwischen digitaler und realer Welt auf viele verschiedene Arten erforscht und künstlerisch umgesetzt werden kann.

«art@work hat mir klargemacht, dass die Interaktion zwischen digitaler und realer Welt auf viele verschiedene Arten erforscht und künstlerisch umgesetzt werden kann.»

– Tabea Martin

Du hast eine Ausbildung als Theatermalerin gemacht und einige Jahre am Theater Basel gearbeitet, bevor du in Hamburg Illustration studiert hast. Wolltest du schon immer freischaffende Künstlerin werden, oder hat sich das während deiner «Theaterzeit» entwickelt?

Eigentlich wollte ich nie Künstlerin werden, es hat sich einfach ergeben. Mein Ziel war es, einen Beruf zu finden, bei dem ich jeden Tag malen kann. Die Ausbildung zur Theatermalerin hat mich sehr erfüllt, aber im Arbeitsalltag musste ich ausschliesslich die Wünsche der Bühnenbildner umsetzen und hatte keinen Einfluss auf den kreativen Prozess. Ich hatte grosse Lust, in Bildern zu erzählen und die Welt um mich herum zu erforschen. Daher kam der Wunsch auf, zu studieren und mehr Zeit für meine eigene Malerei zu haben. Im Illustrationsstudium beschäftigte ich mich vor allem mit freier Malerei, was dazu führte, dass ich viel ausstellte und mich so selbstständig machen konnte.

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«Durchblicken» – art@work 2024

Wer schaut hier eigentlich wen an? Die digitale Welt verbindet tagtäglich Menschen, die vor Bildschirmen sitzen, zu Hause oder im Büro. Sie blicken auf den Bildschirm, schieben Fenster auf dem Desktop hin und her, stapeln und skalieren sie und klicken sie wieder weg. Der Zugang zur digitalen Welt findet über die Bildschirme statt – aber gibt es da auch etwas, das auf uns zurückschaut? Auf unser Zuhause und unseren Alltag? Mit diesem Blick zurück beschäftigt sich die art@work-Ausstellung «Durchblicken». Ähnlich wie die Fenster auf dem Schreibtisch will Tabea Martin ihre Leinwände stapeln und übereinanderlegen. Als Inspiration dienen ihr Screenshots, die Mitarbeitende von ti&m von ihren chaotischen Desktops gemacht haben. Statt nebeneinander an der Wand sollen die Leinwände in verschiedenen Winkeln zueinander stehen und liegen. Gemalt werden Szenen aus dem Homeoffice. Wie auch sonst in ihrer malerischen Praxis malt Tabea aus der Erinnerung und beschäftigt sich mit dem Alltäglichen. Dabei interessiert sie das Rätselhafte und Unscheinbare. Was passiert eigentlich vor diesen Leinwänden? Mal ist der Raum leer, mal sind die Gesichter riesig und unvorteilhaft angeschnitten, mal kippt die Kaffeetasse um. Das Genre der Interieurmalerei, das traditionell den Blick des Künstlers auf verschiedene Szenen in Innenräumen zeigt, greift sie in ihrer Malerei auf. Aber es ist nicht mehr nur der Blick des Malers, der zählt, sondern der Blick aus einer anderen Welt. Sie wechselt die Perspektive und fragt sich, wie durch Webcams und Handykameras auf unseren Alltag geblickt wird. Die kleinen Alltagsstudien zeigen Momente vor dem Bildschirm, die ihr besonders im Gedächtnis geblieben sind. Zusätzlich zu den Szenen aus dem Homeoffice entsteht ein Gesamtbild, 2 x 3 Meter gross. Dieses Bild ist eine Zusammenstellung von Fragmenten der kleineren Bilder und stellt die Frage, ob diese Einblicke in unseren Alltag sich zu etwas Grösserem verbinden lassen. Ein Stück digitaler Raum, bei dem aber keine Programme mitgewirkt haben. Dieser zusammengestellte Raum besteht nur aus den Blicken in den menschlichen Alltag und wird von der Frage konstruiert: Was ist das für ein Blick auf unsere Welt?