Zum Inhalt springen

Sie engagieren sich für einen CHFD-Stablecoin. Wäre es nicht erfolgversprechender, wenn die Schweizerische Nationalbank CBDC emittieren würde?

Die SNB übernimmt eine Vorreiterrolle im Bereich der digitalen Zentralbankwährungen. Sie emittiert tokenisiertes Zentralbankengeld für Finanzinstitute, bekannt als Wholesale- CBDC, und treibt mit dem Projekt Helvetia eine wegweisende Initiative voran. Diese steht jedoch ausschliesslich Finanzinstituten zur Verfügung. Im Retail sieht die SNB die Privatwirtschaft in der Verantwortung.

Halten Sie den Entscheid der SNB, keinen Retail-CBDC herauszugeben, für nachvollziehbar?

Aus ordnungspolitischer Sicht ist die Entscheidung nachvollziehbar. Durch die Beibehaltung des zweistufigen Geldsystems werden wichtige Voraussetzungen geschaffen, die es der Privatwirtschaft ermöglichen, die Führung bei der Einführung eines digitalen Frankens zu übernehmen. Diesen Ball nimmt die Swiss Stablecoin auf.

Es gibt TWINT, und im Sommer 2024 wurde Instant Payment (SIC 5) von SIX eingeführt. Wieso braucht es einen Stablecoin? Was ist der konkrete Nutzen?

Unsere Lösung dient als Ergänzung zur bestehenden Zahlungsinfrastruktur und adressiert zwei zentrale Punkte: Erstens: Die Senkung der Transaktionsgebühren. Der CHFD, der Stablecoin der Swiss Stablecoin, lässt sich ohne kostentreibende Intermediation und Medienbrüche in digitalisierte Finanz- und Zahlungsprozesse integrieren. Dies kommt der Schweizer Realwirtschaft zugute und geht zu Lasten der globalen Zahlungsdienstleister. Zweitens: Neue Funktionen und damit ein Innovationsschub im Zahlungsbereich. Der CHFD wirkt als Katalysator für innovative Anwendungen und Geschäftsmodelle. Er bietet unmittelbare «Zug um Zug»-Transaktionen, ermöglicht bedingte und zweckgebundene Zahlungen sowie die Einbettung in intelligente Ökosysteme.

Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Anwendungsfälle für den CHFD?

Unsere Ausrichtung zielt auf einen Mehrwert für die Realwirtschaft, wir sehen den CHFD als Zahlungsmittel für den täglichen Gebrauch. Die Nutzung für die Kundschaft im Geschäft oder im E-Commerce wird einfach und sehr ähnlich den gewohnten Bezahlprozessen sein. Aber die Transaktionskosten werden signifikant tiefer sein. Daneben sehen wir grosses Potenzial in automatisierten Abrechnungsprozessen. Sobald gewisse überprüfbare Bedingungen erfüllt sind, kann eine CHFD-Transaktion erfolgen. Das dürfte für die Automatisierung von Logistikketten, im Bereich Pay-per-Use oder bspw. auch bei der Einspeisung von Energie durch Solaranlagen interessant sein. Mit dem CHFD fallen Prozessbrüche rund um die Bezahlung weg und Zahlungen werden substanziell günstiger und schneller. Wir glauben, dass sich auf Basis des CHFD und seinen Funktionalitäten sehr viele neue Use Cases entwickeln werden. Beispielsweise können Informationen, die in der Wallet abgelegt sind, in die Bezahlung eingebunden werden. Damit können Login-Prozesse vereinfacht werden oder eine automatische Alterskontrolle bei Alkoholkäufen wird möglich.

Auf den Punkt:

Wann kommt der CHFD auf den Markt?
Wichtiger als wann ist wie: in starken Partnerschaften, die eine schweizweite Akzeptanz und Reichweite ermöglichen.

Sucht die SSC noch Investoren oder seid ihr für die nächsten 24 Monate finanziert?
Für ein junges und wachsendes Start-up sind der Kapitalbedarf und die verbundene Kapitalbeschaffung stets zentrale Themen, welche kontinuierlich ganz oben auf der Agenda stehen.

Hat die SSC spezifische Zielbranchen für die Anwendung ihrer Stablecoins definiert?
Nein, wir setzen uns bewusst für eine breite Zugänglichkeit und ein breit gestütztes Ökosystem ein.

Auf welcher Blockchain basiert der CHFD-Token?
Unsere Technologieplattform basiert auf Ethereum mit Polygon/Validium als Layer-2-Lösung für schnelle und günstige Transaktionen. Wir sind aber dran, die Lösung multichain-fähig zu machen, um im Zielbild chain-agnostisch zu werden.

Beabsichtigt die SSC, Kooperationen mit grossen Schweizer Banken zu etablieren?
Ja. In der Vergangenheit hatten wir in Partnerschaft mit PostFinance an einem POC gearbeitet. Für das Umsetzungsmodell ist die Zusammenarbeit mit Schweizer Banken zentral. Einerseits bieten sie den digitalen Franken ihren Kunden an, und andererseits liegen dort unsere Hinterlagen.

Wie sehen Sie die Rolle der grossen
Retailer für den Aufbau des CHFD?

Wir setzen auf eine komplementäre Zusammenarbeit zwischen der Finanzindustrie und der Realwirtschaft. Die SSC hat keine direkte Beziehung zum Endkunden, sondern betreibt eine dezentrale Plattform für Unternehmen, die Zahlungen mit dem digitalen Franken anbieten wollen. Die Rolle des Handels ist es, den CHFD zu akzeptieren und als Zahlungsmittel zu fördern. Mit der Aussicht auf substanziell tiefere Transaktionskosten spüren wir im Handel und der Industrie grosses Interesse an einem neuen, digitalen Zahlungsmittel. Die Banken sehen wir als primären Zugangskanal zum CHFD – Nutzer erhalten das neue Zahlungsmittel von ihrer Bank. Damit behalten die Banken den Kundenkontakt im Bereich Zahlungsmittel.

Was ist euer Geschäftsmodell? Wie finanziert sich die Swiss Stablecoin AG?

Den Betrieb der CHFD-Infrastruktur finanzieren wir einerseits aus Erträgen auf Hinterlagen. Jeder CHFD ist 1:1 mit Schweizer Franken hinterlegt, welche bei regulierten Schweizer Banken gehalten werden. Andererseits ergeben sich Einnahmen aus Transaktionsgebühren. Diese sind für Standardtransaktionen beim Einkauf sehr tief. Bei Transaktionen, wo zusätzliche Funktionalitäten zur Anwendung kommen wie bspw. automatisierte Zahlung von angekommener Fracht, können die Transaktionsgebühren auch höher sein. Wir haben einen detaillierten Business Case erstellt, welcher uns verschiedene Szenarien simulieren lässt.

Wo steht Swiss Stablecoin im Moment? Welche Projekte sind abgeschlossen, was kommt als Nächstes?

Wir haben die Grundlagen für die Einführung des CHFD geschaffen und uns als sehr relevanten Player im Bereich digitale Zahlungsmittel in der Schweiz positionieren können: Zum einen betreiben wir eine Technologieplattform, die die regulatorischen Vorgaben erfüllt und auf sehr hohe Effizienz ausgelegt ist. Zum anderen haben wir ein umfassendes Gesamtkonzept erstellt, wie der CHFD in die bestehende Zahlungslandschaft integriert wird, wie Bezahlprozesse funktionieren und welche Anpassungen auf Seiten des Handels notwendig sein werden. Wir sind in fortgeschrittenen Gesprächen mit grossen Schweizer Unternehmen, die wir als Partner für den CHFD gewinnen wollen. Wir gehen mit dem CHFD live, wenn wir die Partnerschaften geschnürt haben. Was die Regulierung angeht: Es zeichnet sich eine neue Regulierung für tokenisiertes Geld ab. Zwar können wir im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung in die Umsetzung gehen – eine auf die neuen Zahlungsmittel angepasste Regulierung wären aber natürlich sehr gute News für uns.

Betrachtet die SSC den Bereich der grenzüberschreitenden Transaktionen als einen Kernmarkt?

Nein. Unser Fokus liegt auf einer Schweizer Lösung – von der Schweiz, für die Schweiz.

Plant die SSC in naher Zukunft, Stablecoins für spezielle Anwendungsfälle wie Smart Contracts zu entwickeln?

Ja, absolut. Unsere Lösung nutzt Smart Contracts, diese sind schon jetzt in unserer Lösung integriert.

Wird es eine eigenständige, von der SSC emittierte Wallet geben oder suchen Sie die Integration mit anderen Wallets?

Einfach zu nutzende und gleichzeitig sichere Wallets sind ein wichtiger Teil für das CHFD Ökosystem. Wir setzen auf ein offenes System, wo verschiedene Wallets zur Verfügung stehen und Nutzer nach ihren Bedürfnissen auswählen können.

Wallet-Studie-Hero-Platzhalter

Studie

Digital Wallets

Zusammen mit der Swiss Stablecoin AG, dem Institute for Financial Services Zug (IFZ) und der Schweizerischen Bankiervereinigung hat ti&m eine Studie zur Taxonomie und zu Anwendungsmöglichkeiten von digitalen Wallets erstellt. Sie zeigt, wie digitale Wallets Finanzdienstleistungen und die digitale Wirtschaft in Bereichen wie Zahlungsverkehr, Open Banking, Decentralized Finance und digitale Identitäten in Zukunft massgeblich mitgestalten.

ti&m Special «Digital Banking»

Beyond Banking: Trends, Tech und Transformation


Künstliche Intelligenz, Asset-Tokenisierung, Cloud und Quantencomputing – im neuen ti&m Special zeigen wir, was das Banking bewegt und stellen einige unserer Projekte für Schweizer Banken vor.